Katalog

ROTIFER, ROBERT

HOLDING HANDS IN PETROPOLIS (GARE DU NORD)

ROTIFER, ROBERT - HOLDING HANDS IN PETROPOLIS 158847
Format:
1 CD
Release:
15.09.2023
Label:
GARE DU NORD
Kat.-Nr.:
158847
Barcode:
9501863299637
Robert Rotifer, Exil-Wiener in Canterbury, veröffentlicht sein erstes Album neuer Songs seit 6 Jahren, unter Beteiligung von Freund*innen auf beiden Seiten des Kanals, von Amelia Fletcher (Ex-Talulah Gosh, Heavenly, Catenary Wires), Fay Hallam (Makin' Time) und Helen McCookerybook (Ex-The Chefs) bis Ernst Molden.Im Februar 1942, nachdem sie alle Hoffnung auf ein Besserwerden der Welt aufgegeben hatten, nahmen sich Stefan Zweig und seine zweite Frau Lotte im brasilianischen Petrópolis das Leben.

Es gibt reichlich Bücher und auch einen Film darüber, vor allem aber ein berührendes Foto der beiden in ihrem Bett, tot aber immer noch Hände haltend.

Dieses Bild schoss Robert Rotifer im September 2022 in seinem Heimstudio in den Kopf, während sich unter seinen Fingern ein Song zu formen begann.

,He's Not ill" klang anders als alles, was er bisher geschrieben hatte, ein fast achtminütiges, landschaftlich mäanderndes Stück, basierend auf dem Beat seiner alten Rhythmusmaschine und ebenso windschief wie logisch klingenden Modulationen.Ein paar Tage zuvor war der Filmgott Jean-Luc Godard freiwillig aus dem Leben geschieden.

Das von seinen Anwälten der Nachwelt ausgerichtete Abschiedsstatement ,Il n'était pas malade, il était simplement épuisé" (,er war nicht krank, er war einfach erschöpft") hört man nun aus dem Mund der französischen Pop-Kritikerin Cathy Viale als die ersten Worte auf Rotifers neuem Album "Holding Hands in Petropolis"(VÖ: 15.09.23/Gare Du Nord).

Dessen letzte Worte spricht dagegen Der Nino aus Wien auf deutsch: ,Er rutschte aus im Regen.

Er ruinierte seine besten Hosen. Er war wieder einmal zu schnell gelaufen."Zwischen diesen beiden scheinbar resignativen Statements steckt viel Lebensbejahendes bzw.

Rotifers bisher komplettestes Album - ein Songzyklus aus der Perspektive eines alles andere als selbstzufriedenen 53-jährigen, der sich vorwirft, nicht genug getan zu haben, um die in seiner Lebenszeit ausgelösten politischen und ökologischen Katastrophen abzuwenden (,That was the Time").Der allerdings auch weiß, dass ihm niemand glauben würde, wenn er per Zeitmaschine in die Achtziger zurückreisen und der Welt erklären könnte, was ihr bevorsteht (,Man in Sandwich Board").Der das große Trauma der Jahre '20/'21 vielleicht doch nicht so unbeschädigt hinter sich gebracht hat wie zunächst gedacht (,Those Dreams Again") und sich als Geisel der Launen seiner wechselhaften Psyche wiederfindet (,Change is in the Air").

Der sein Leben in einem endlosen Loop popkultureller Nostalgie verbracht hat (,Chewing on the Bones of the Sacred Cow") und den es manchmal aufs Maul haut, weil seine Beine nicht mehr tun wollen, was er ihnen anschafft (,Slipped in the Rain").Holding Hands in Petropolis ist eigentlich ein Paradox, nämlich das dicht gestrickte Ergebnis solitärer Bastelarbeit, in Eigenregie produziert und gemischt, und gleichzeitig doch auch Produkt geselliger Zusammenarbeit mit Musiker*innen aus Rotifers weit verzweigtem Freundeskreis zwischen Glasgow und Wien.Vier Jahre lang hatte der seit 1997 im UK wohnende Exil-Wiener - neben seinem kultur- und  musikjournalistischen Dayjob - fast ausschließlich für bzw.

mit anderen Leuten Musik gemacht. Sei es im Studio als Gitarrist für die anglo-französische Baroque Pop-Koryphäe Louis Philippe und Ex-Death in Vegas Ian Buttons wandelbares Projekt Papernut Cambridge, im Duett mit PostPunk-Singer-Songwriterin Helen McCookerybook, als Produzent von André Hellers viel gelobtem Comeback-Opus Spätes Leuchten (2018) oder auf der Bühne mit Mod-Ikone Fay Hallam (beim Revival ihrer Achtziger-Band Makin' Time) und der politisch artikulierten UK-IndieVeteranen-Band Swansea Sound.So verschieden der Stil und die Herangehensweise all dieser Projekte, so reichhaltig auch die dabei gewonnene Inspiration.

Und so machte sich ein unverhofft von der Songschreibe-Manie gepackter Rotifer an diversen Instrumenten zu schaffen, nahm im Alleingang die Grund-Arrangements seiner neuen Stücke auf und ließ dazu seinen langjährigen Gefährten Ian Button, sowie den virtuosen Aram Zarikian trommeln.

Helen McCookerybook, Kenji Kitahama (Ex-Friedrich Sunlight) und Amelia Fletcher (Talulah Gosh, Heavenly etc.) steuerten Backing Vocals bei.

Letztere ,indie royalty" (Zitat The Guardian) sang außerdem noch die berührende zweite Hauptstimme im frankophilen Psych-Folk-Walzer ,Red Yellow Orange & Green".

Fay Hallam wiederum spielte Orgel, Harpsichord- und E-Piano-Parts auf drei Songs, Papernut Cambridge-Kollege Robert Halcrow, sowie Rotifers Salzburger Busenfreund Stootsie bliesen das Horn bzw.

zupften die Bariton-Gitarre auf ,Those Dreams Again". Ernst Molden blies seine Blues Harp zum Bossanova Groove von ,That was The Time", und das Grazer Multitalent Paul Pfleger alias Paul & Pets reicherte die Textur von ,He's not ill" mit Stimme, Shaker und E-Piano an.

Alles in allem eine Liste unterschiedlichster Persönlichkeiten, die nie und nimmer auf einer anderen Platte geschweige denn im selben Raum zusammengekommen wären.Aber "Holding Hands in Petropolis" ist eben die Sorte Album, auf der die Fäden eines musikalischen Lebens zusammenlaufen.

Die Sorte Platte, die einer macht, wenn er nach etlichen, großteils unter selbstauferlegtem Zeitdruck produzierten Alben der eigenen Musik endlich einmal genauso viel Aufmerksamkeit gönnen will wie den Projekten anderer (siehe dazu auch Rolling Stone-Autor Maik Brüggemeyers beiliegende Betrachtungen zum Album)
 
  • Tracklisting
  • 1.1. HE'S NOT ILL
  • 1.2. THAT WAS THE TIME
  • 1.3. THOSE DREAMS AGAIN
  • 1.4. CHEWING ON THE BONES OF THE SACRED COW
  • 1.5. RED, YELLOW, ORANGE & GREEN
  • 1.6. CHANGE IS IN THE AIR
  • 1.7. MAN IN SANDWICH BOARD
  • 1.8. SLIPPED IN THE RAIN